Vogelbeobachtung in Guatemala: 19. Oktober - 6. November 2008

von Michael Schulz

Reiseleitung in Guatemala: Knut Eisermann

Diese 18-tägige Reise wurde von Claudia Avendaño und Knut Eisermann von Cayaya Birding für meine Frau und mich organisiert. Diesen beiden gilt unser besonderer Dank. Ohne Knuts hervorragendes Wissen über die Vogelwelt Guatemalas hätten wir nicht 368 Arten sehen bzw. hören können, sowie nicht soviel über Land und Leute erfahren. Den Flug von Deutschland nach Guatemala über Mexiko haben wir selbst organisiert.

Reiseablauf

20. Oktober 2008, Guatemala Stadt

Zum akklimatisieren hatten wir einen freien Tag in einem sehr schönen Hotel in Guatemala Stadt. In einem benachbarten Garten und dem Universitätsgelände konnten wir die ersten ca. 30 Vogelarten beobachten. Leider war die Uni wegen dem „Tag der Revolution“ geschlossen. Auf einer der Hauptstraßen wurde eine Demonstration abgehalten. Befremdlich wirkte in der Hauptstadt und eigentlich im ganzen Land die totale Abschottung der Privatsphäre hinter hohen Mauern, mit Starkstrom abgegrenzten Wohnbereichen und bewaffneten Wächter vor vielen öffentlichen und privaten Gebäuden. Die Temperaturen lagen bei sehr angenehmen 20°C. Eine „Kaltfront“ beherrschte gerade das Land.

21. Oktober 2008, Tecpán und Los Tarrales

Fahrt nach Los Tarrales über Tecpán, wo der endemische Rosenwaldsänger lebt, den wir auch sehen konnten, leider bei stürmischem Wetter. Hier sahen wir auch den einzigen Andenbaumläufer. Mit Stopp am Atitlán See, der sich mit seinen Vulkanen schnell in Wolken versteckte, erreichten wir das Naturschutzgebiet Los Tarrales. In diesem Gebiet wurden bereits über 320 Vogelarten nachgewiesen!

22. Oktober 2008, Los Tarrales

Am Morgen, 2.00 Uhr, begann die Tour auf den Vulkan Atitlán, in den Lebensraum des Zapfenguans. Der Aufstieg durch die Kaffeeplantage wurde durch Millionen von Kaffeefliegen zur Tortour! Der Aufstieg in der Nacht bei ca. 45 Grad Steigung bis auf ca. 2700 Meter war sehr heftig, da die Temperaturen von nun an um 25°C und satter Luftfeuchtigkeit lagen. Der Guan wurde dann von Knut gefunden und konnte sehr schön beobachtet werden. Der Wald am Vulkan Atitlán war recht vogelarm, jedoch mit einigen interessanten Arten wie z.B. Singwachteln und Gnomenkauz. Nachdem anstrengenden Auf- und Abstieg haben wir in der Tarrales Lodge einen schönen Kaffee genossen aus dem eigenen Anbau, von dem wir auch ein Pfund mit nach Hause genommen haben. Der geplante Nachmittagsgang wurde durch ein heftiges Gewitter zunichte gemacht. Wir erholen uns und beschließen den Tag mit einem leckeren Abendessen.

23. und 24. Oktober 2008, Los Tarrales

Los Tarrales hält uns mit seiner reichen Vogelwelt zwei Tage auf „Trapp“. Ein Mosaik verschiedener Habitate sowie Futterstellen an der Lodge sind ein El Dorado für Vogelbeobachter. Außerdem haben wir Agutis, Basilisken, Eidechsen und die verschiedensten Schmetterlinge, auch Morphos, gesehen. Auf dem Farmgelände herrscht totales Jagdverbot.

24. Oktober 2008, Antigua

Am Mittag fuhren wir nach Antigua, der ehemaligen Hauptstadt Mittelamerikas, nun UNESCO Weltkulturerbe. Ich muss gestehen, das war mir vollkommen unbekannt. Ein herrlich umgestaltetes (in einer geborstenen Kirche) Hotel am Stadtrand ist unsere Unterkunft.
Wir nutzen die Gelegenheit für einen Stadtbesuch. Beeindruckend sind mehrere Vulkane (Agua, Acatenango, und Fuego) welche die Stadt begrenzen. Sehr schön restauriert, quirlig, internationales Flair, ausgezeichnete Restaurants sind die Eindrücke die wir von hier aus mitnehmen. Die vielen Kirchenruinen erinnern an die ehemalige Pracht der alten mittelamerikanischen Hauptstadt.

25. und 26. Oktober 2008, Antigua

Wir besuchten die Kaffeefarm Filadelfia mit einem Rest Bergregenwald, wo wir eine Eulenrupfung gefunden haben und den Dreifarbenwaldsänger gesehen haben. Am Cerro Alux und in El Pilar haben wir Blaukehlmotmot, Rotkehlhüttensänger, Braunrückenklarino, Lasurspottdrossel, Buschmeise und Rostbrauenvireo gesehen. An Kolibrifutterstellen haben wir Buntschwanzdegenflügel, Purpurdegenflügel, Dickschnabelkolibri, Blaustirnamazilie, Berylamazine, Zwergveilchenohr, Weißohrsaphir und Grünkehlnymphe gesehen.

27. – 29. Oktober 2008, Tikal

Fahrt von Antigua nach Guatemala Stadt und Flug nach Flores.
Auf dem Hinflug erfahren wir dass es in Tikal 12 Tage ununterbrochen geregnet hat. Mit unserer Ankunft war das aber glücklicher weise vorbei! Der Regenwald stand stellenweise unter Wasser. Auf der Fahrt nach Tikal halten wir an einem von der Strasse einsehbaren Wasserloch. Ein Paar des Schwarzkoptauchers war beim Nestbau, ein anderes Paar hatte 5 Junge. Auch Bindentaucher, Amerikanisches Bläßhuhn und Teichhuhn waren am Gewässer. In der angrenzenden Gebüschvegetation sahen wir den wunderschönen Purpurtyrann. Tikal erwies sich als absolutes Vogelparadies! Die Mayastätten geben diesem fast unberührten Dschungelgebiet einen unglaubliches Flair! Unsere Unterkunft, das „Jaguar Inn“, ist ein wunderbares, hervorragend geführtes und sehr schön in das Gebiet integriertes Hotel. Wir machten mit einem vielseitig interessierten, bewanderten, sympathischen Führer (Insekten, Pflanzen Tiere usw.) eine kulturelle Begehung der faszinierenden Anlagen. Die Anzahl der Vogelarten war sehr beeindruckend! Durch den jahrzehntelangen Schutz Tikals waren viele Vogelarten gut zu beobachten, z.B. Pfauentruthuhn, Papageien, und Cayenrallen, was aber nicht über die Schwierigkeiten bei der Beobachtung im Regenwaldgebieten hinwegtäuscht. Es gilt auch hier, das wichtigste bei Regenwaldbeobachtungen ist die Kenntnis der Stimmen! Dank Knut Eisermann wurden diese Tage wie die ganze Reise zu einem unvergesslichen Erlebnis. Er hat es einfach „drauf“! Er kennt sich in den besuchten Gebieten hervorragend aus und ist ein sehr angenehmer Führer und Begleiter. Das wirklich einzige Manko der Reise war, außer in Guatemala City, der unglaubliche „Reichtum“ an stechenden Insekten. Ohne Autan wäre das Bewegen in der Natur in Guatemala nicht möglich gewesen!

30. Oktober – 6. November 2008, Monterrico

Der Rest des Urlaubes verbrachten wir in Monterrico, an der Pazifikküste, im „Uz Tzaba“ Hotel. Die schöne gepflegte, übersichtliche Ferienanlage war eine gute Entscheidung.

Das Personal war sehr freundlich. Jeder Wunsch wurde uns erfüllt! Das Vogelspektrum war hier natürlich ein ganz anderes und brachte noch einmal viele „neue“ Vogelarten. Wir unternahmen eine Fahrt durch eines der größten noch erhaltenen Mangrovengebiet Mittelamerikas und das Sumpfgebiet von Monterrico sowie eine Meeresfahrt. Im „Hinterland“, also zwischen Meer und Gebirge befindet sich eine Zugschneise für Greifvögel. Bei günstigen Bedingungen können hier Tausende Greife am Tag beim Zug nach Süden gesehen werden. Ich hatte zweimal das Glück den Zug zu beobachten! Mehrere tausend Truthahngeier in nicht enden wollenden „kreisenden Wolken“ und dazwischen Schlangenhalsvögel, Waldstörche, Sperber und Bussarde strebten zügig nach Süden - vergleichbar mit dem Vogelzug am Bosporus und in Israel.

Bei der Fahrt durch die Mangroven bis zum Meer konnten fast alle in Guatemala vorkommenden Eisvögel und Reiher gesichtet werden. Höhepunkt war aber eigentlich das Flachwassergebiet am Übergang zum Meer. In einer geschützten Bucht saßen Hunderte Seeschwalben, Amerikanische Scherenschnäbel, Limikolen, Pelikane und Reiher. Zwei Tage später im Sumpfgelände wurden leider kaum Vögel gesehen. Die Sumpf/Mangrovengebiete dienen den Vögeln als Schlafplatz. Hier können zur richtigen Tagszeit sicher spektakuläre Beobachtungen gemacht werden. Vom Strand aus konnten am Morgen teilweise mehrere Tausende ziehende Rauchschwalben beobachtet werden, darunter auch Ufer-, Fahlstirn-, und Höhlenschwalben. Über dem Meer sahen wir Hunderte Seeschwalben verschiedener Arten sowie Blauflügelenten, Spatelraubmöwen, Brauntölpel, Möwen auch Schwalbenmöwen. Prachtfregattvögel und Braunpelikane konnten wir täglich wunderschön beim fischen beobachten. Zweimal wurden vom Strand auch vorbeiziehende Wale gesehen.

Die Fahrt aufs Meer brachte leider nicht die erhofften Sturmtaucher, die ich in sehr weiter Entfernung gesehen hatte, dafür aber klasse zu fotografierende Prachtfregattvögel, Braunpelikane, Seeschwalben, Brauntölpel und Spatelraubmöwen.
Im „Hinterland“ konnte der einzige Schopfkarakara, Merlin, Buntfalke, Lerchenstärling und viele Kleinvögel gesehen werden. Interessant war der Zug der Scherentyranne. Wir haben an einem Tag in endloser Folge „so weit wie man schauen konnte“ in ca. 90 Minuten über 1500 Exemplare gezählt.

Eine wunderschöne Reise mit unglaublichen, gesammelten Eindrücken geht zu Ende. Ich kann jedem der in Guatemala Vögel beobachten möchte, mit besten Gewissen Claudia Avendaño und Knut Eisermann von CAYAYA BIRDING empfehlen. Ohne Knut wäre unsere grandiose Beobachtungsliste nicht möglich gewesen. Dankeschön und möglicherweise auf Wiedersehen.

Michael Schulz, Leipzig